Häusliche Pflege – Probleme und Chancen?!


Die häusliche Pflege im ländlichen Raum steht vor großen Herausforderungen, aber auch Chancen. Der demografische Wandel und der Fachkräftemangel stellen die Pflege in ländlichen Regionen vor besondere Aufgaben. 

Titel Podiumsdiskussion - 1

Am letzten Samstag im August hatte der Ortsverband Lauterecken im Sozialverband Deutschland e.V. – Landesverband Rheinland-Pfalz / Saarland zu einer Podiumsdiskussion eingeladen, an der namhafte Gäste zu dem Thema diskutiert haben.

Helmut Burkhardt, Vorsitzender des Ortsverbandes, begrüßte das Podium und die Zuschauer, die trotz der heißen Außentemperaturen am Samstagmorgen in das Bürgerhaus in Hoppstädten gekommen waren, einem kleinen 300-Seelen-Dorf im Kreis Kusel, das von dem Thema unmittelbar betroffen und getroffen ist und noch verstärkt sein wird. Nicht besser konnte die Auswahl des Veranstaltungsortes dem Thema gerecht werden.

Gleich zu Beginn der Veranstaltung gab die souverän durch die Veranstaltung führende Moderatorin und SoVD-Landesvorstandsmitglied Christiane Gerhardt eine Frage aus dem Plenum an die neu ernannte Staatsministerin für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung, Dörte Schall, weiter, was denn überhaupt für die Versorgung der ländlichen Gebiete getan werde. Die Ministerin, die in ihrem Ministerium gleich mehrere hier zusammenspielende Themen im ländlichen Raum zu bearbeiten hat, war erfreulicherweise auch nach Hoppstädten gekommen. Sie stellte heraus, dass gerade die Versorgungsproblematiken der Zukunft, sei es in der Pflege, der medizinischen Versorgung und der in vielen Bereichen einhergehenden Digitalisierung auf der Agenda des Ministeriums weit oben stünden.

Ruth Kettemann vom Medizinischen Dienst Rheinland-Pfalz lobte die zwischenzeitliche Entwicklung in den Bewertungskriterien der Pflegebegutachtung. Während in den früheren Systemen der Pflegestufen überwiegend nur körperliche Beeinträchtigungen eine Rolle spielten, seien durch die jetzigen Begutachtungskriterien auch andere Aspekte der Pflegebedürftigkeit zu berücksichtigen.

Stefan Schnepp und Carolin Ullrich vom Pflegestützpunkt Wolfstein- Lauterecken stellten heraus, dass das größte Problem der Ratsuchenden im Bereich der ausreichenden Finanzierung der ambulanten oder stationären Pflege darstelle. Hinzu käme die zunehmende Verknappung von Pflegeplätzen z.B. in der Kurzzeitpflege und den Ressourcen im ambulanten Pflegedienst.

Dies bestätigte Marco Schweig, Geschäftsführer der Ökumenischen Sozialstation Lauterecken-Wolfstein, und bemerkte, dass in Zeiten knapper Kassen auch bei den Versicherten immer mehr die Auszahlung des Pflegegeldes und dessen Verwendung „zum Leben“ erfolge, da oftmals gerade die Finanzierung professioneller Hilfe nicht möglich ist.

Der Landrat des Kreises Kusel, Otto Rubly, zeigte auf, dass in den vergangenen Jahren immer mehr „Hilfe zur Pflege“ durch Kommune und Kreis zu leisten ist, da die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen entweder keine Ersparnisse mehr haben oder diese komplett für die Finanzierung der Pflege verwendet werden mussten. Er wies auch darauf hin, dass gerade im Bereich der Haushaltshilfe rund 4000 Pflegebedürftige um Unterstützung durch den Kreis Kusel gebeten haben, da von ihnen eine Unterstützung nicht gefunden werden könne.

Andreas Müller, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Lauterecken-Wollstein, bestätigte die immer wieder entstehende Überforderungssituation der Menschen, die nicht wissen, was konkret getan werden muss oder kann, um adäquate Pflege zu erhalten oder erst zu ermöglichen. Hier wurde auf die Unterstützungsleistungen der Pflegestützpunkte oder Sozialverbände, wie z.B. der SoVD, hingewiesen.

Die Diskussionsrunde war sich allerdings einig, dass die Zusagen der Politik, die Antragsstellung zum Erhalt von notwendigen Leistungen zu vereinfachen und ggf. zu bündeln, endlich umgesetzt werden müssen.

Die Ministerin stellte in diesem Zusammenhang nochmals eine entsprechende zeitnahe Befassung mit dem Thema der Verfahrensvereinfachung trotz übergreifender Zuständigkeitsregelungen in Aussicht. Die politischen Vertreter in der Runde waren sich zumindest zum Thema „Pflegevollversicherung“ relativ einig, dass diese - in welcher Ausgestaltung auch immer - gerade bei den in Zukunft schwierigeren zu erwartenden Ausgangsparametern (mehr Pflegebedürftige bei weniger Beitragszahlern) vor allem mit solider Finanzierung angedacht werden sollte.

Kathrin Anklamm-Trapp (SPD), Vizepräsidentin des rheinland-pfälzischen Landtages und pflegepolitische Sprecherin ihrer Fraktion, hob den sog. Fachkräfte-Monitor hervor, mit dem die aktuelle Entwicklung beobachtet und langfristige Planungen ermöglicht werden sollen. Chancen sieht sie in den Möglichkeiten der Digitalisierung in der Pflege, aber auch für die Gesellschaft, vor allem im Berufsleben. Wenn Menschen auf dem Land bleiben können und von dort aus auch die Möglichkeit zum Arbeiten besteht, können sie sich auch in der Familie viel besser einbringen.

Diesen Vorschlag unterstützt auch der Landtagsabgeordnete und Fraktionsvorsitzende Helge Schwab (FWG), der am Beispiel „Quirnbach im Takt“ aufzeigt hat, dass auch örtliche Initiativen gefragt sind. Dort wird die Unterstützung im Alltag für Menschen mit und ohne Pflegegrad von der örtlichen Gemeinschaft geboten, die im Rahmen des Pflegestärkungsgesetzes für die Gemeinschaft eine Abrechnung des monatlichen Entlastungsbetrages durch offizielle Anerkennung ermöglicht, was dann wiederum der Gemeinschaft zugutekommt.

Landtagsabgeordnete Anette Moesta (CDU) aus Maifeld appellierte an alle politischen Kräfte, gemeinsam die Probleme der Finanzierbarkeit und Realisierung der Pflege durch Gewinnung einer ausreichenden Anzahl an Pflegekräften zeitnah und ohne lange Diskussionsrunden anzugehen.

Die Diskussionsrunde war sich einig, dass gerade die mutmachenden Projekte vor Ort, die Ideen aus der Pflege und dem Kreis der Versicherten zukünftig von der Politik tatsächlich aufgegriffen werden sollten und nicht nur als Lippenbekenntnisse an der einen und anderen Stelle wiedergegeben werden.